New York - Berlin mit kleinen Webefehlern

ein Radio-Projekt von Harald Brandt und Marcia Pally


"New York - Berlin mit kleinen Webfehlern" ist ein Radio-Feature (50min) für Deutschlandfunk Köln mit möglicher Co-Produktion durch den Südwestrundfunk in Baden-Baden. Zusätzliche Finanzierungsquellen durch deutsche und amerikanische Stiftungen sind in Verhandlung. Basierend auf der Recherche für das Radiofeature sind andere Formen der Präsentation geplant (öffentliche Lesungen, Klanginstallationen, etc.).

Ziel der dokumentarischen Arbeit ist es, die Erfahrung der Fremde ( und des Exils ) im Lebensweg der deutsch-jüdischen Dichterin Mascha Kaleko ( 1907 - 1975 ) und der amerikanisch-jüdischen Professorin Marcia Pally in Parallele zu setzen.

Mascha Kaleko emigrierte 1938 mit ihrer Familie nach New York und kehrte erst 1956 für eine Lesereise nach Deutschland zurück. Marcia Pally lehrt an der New York University Multilingual Multicultural Studies und arbeitet regelmäßig als Gastprofessorin an der Humbold Universität Berlin.

In den 1930er Jahren erlebte Mascha Kaleko den Verlust einer Welt und fand in ihren in New York publizierten Gedichten eindrückliche Bilder für die Tatsache, daß die "gebrochene Seele ihrer Heimat" niemals mehr vollständig heilen würde.

In ihrer wissenschaftlichen Studien und ihren Schriften für deutsche und amerikanische Medien zeigt Marcia Pally, daß die "Webefehler" - die Fehleinschätzungen und Missverständnisse -, die häufig im Dialog zwischen den beiden Seiten des Atlantiks auftreten, tief in der Zeit verwurzelt sind, die Mascha Kaleko in ihren poetischen Texten beschreibt.

Als der deutsche Schriftsteller Horst Krüger im September 1974 Mascha Kaléko bei einer gemeinsamen Lesung an der Amerika-Memorial-Library in Berlin kennenlernt, beschreibt er sie mit folgenden Worten : "Sie war etwas Schwebendes, Unwägbares, das man nicht halten kann, wie ein Gedicht. So etwas ist immer nur da - im Vorübergehen." ¹

Dieses Motiv des Vorübergehens in unterschiedlichen urbanen Räumen dient als akustischer Leitfaden für die Sendung.

Umsetzung

Welche Orte, Institutionen und Strukturen werden in Mascha Kalekos Werk erwähnt, die heute noch in New York existieren und die neben ihrer historischen Bedeutung relevant sind für das moderne Leben in den USA ?

Gibt es Entsprechungen zu diesen Orten und zu diesen für das zeitgenössische New York typischen Strukturen im heutigen Berlin ?

Welche Resonanzen ergeben sich aus der Parallele zwischen New York und Berlin ?

Mascha und Marcia haben buchstäblich den gleichen Boden berührt - in New York und Berlin haben sie nur wenige Straßen voneinander getrennt gelebt. Sie sind zwei jüdische Frauen, die beiden Städten zutiefst verbunden sind, die beide leidenschaftlich über diese Städte schreiben und darüber, was es bedeutet, in zwei Welten zu leben.

Im Klang von Marcia Pallys Schritten im heutigen New York und Berlin kann man wie ein Echo das Geräusch von Mascha Kalekos Gang durch ein "verlorenes Jahrhundert" hören.

Historische Tonaufnahmen aus deutschen und amerikanischen Archiven ergänzen die Parallele zwischen dem historischen Moment und der zeitgenössischen Lebenserfahrung.

¹ Horst Krüger, "Meine Tage mit Mascha Kaléko" in "Mascha Kaléko: Der Gott der kleinen Webefehler", dtv 1985

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© Harald Brandt / Marcia Pally 2012



Das Madagaskar Soundscape Projekt

von Harald Brandt


« Im Vorübergehn, auf einsamen Wegen, im Geistermittag der Urwälder bin ich manchmal mit innerstem Gefühl an das Geheimnis gestreift, aus den funkelnden Tiefen der Rosenholz-, Ebenholz- und Palisanderbäume, von denen die Orchideen herunterrieselten, hat mich das Unfaßbare, der Atem der madagassischen Sphinx angeschauert. Mehr war es nicht: ein Laut, ein fremder Seelenruf, ein irrender Luftzug, ein märchenhaftes Duften, Blinken und Flammen oder das Schweigen und die todesschwarze, von Sternen überfunkelte Tropennacht, darin ich einsam war wie ausgesetzt und vergessen. »

Friedrich Schnack " Auf ferner Insel ", Dietrich Reimer / Andrews&Steiner 1935, Berlin, S. 7 - 10


Einleitung

Akustische Räume werden von klimatischen Faktoren, von der Geomorphologie, von der Fauna und Flora und von menschlichen Aktivitäten bestimmt. Ebenso wie die Tier-und Planzenwelt, die zu 80% endemisch ist, sind auch die Klangwelten des Inselkontinents Madagaskar einzigartig. Auch sie sind von der rapide fortschreitenden Zerstörung der verschiedenen Ökosysteme auf der Großinsel im Indischen Ozean betroffen. Das Madagaskar Soundscape Project ist eine Initiative zur Bestimmung, Archivierung und künstlerischen Darstellung von Klängen und akustischen Landschaften, die in wenigen Jahren vielleicht nicht mehr existieren.

Das Projekt

Zuerst geht es darum, zu bestimmen, welche Orte auf Madagaskar akustisch besonders interessant sind. Das sind zum einen Gebiete - innerhalb und außerhalb der Nationalparks - wo es noch relativ intakte Tierpopulationen gibt, deren "akustische Spuren" in der ursprünglichen Räumlichkeit (Feucht- und Trockenwälder, Canyons, Küstenlandschaften, Savanne und Dornenwälder) auszumachen und aufzuzeichnen sind. Zum anderen gilt es, die sich schnell verändernden menschlichen Aktivitäten in diesen Räumen festzuhalten. Das sind Arbeitsgesänge auf den Feldern, Holzkohlemeiler in den Waldgebieten, die traditionelle Brandrodung, der über 90% der Primärwälder bereits zum Opfer gefallen sind; das sind handwerkliche Aktivitäten in den Dörfern und in den Städten.
Darüber hinaus soll die poetische Dimension der menschlichen Präsenz auf Madagaskar deutlich werden :
In einem Land, wo viele Menschen nicht lesen und schreiben können und auch der Besitz eines Fernsehers nicht selbstverständlich ist, hat das gesprochene oder in musikalischer Form dargebotene Wort ein enormes Gewicht. Musik ist in Madagaskar ein Mittel Botschaften zu transportieren, Menschen auf die Probleme des Landes aufmerksam zu machen, und Hoffnungsträger in Zeiten der Diktatur. Die poetisch-musikalische Darstellung von gesellschaftlichen Themen hat Tradition: zu den Feiern der Totenumbettung, der Famadyhana treten Gruppen auf, die im gegenseitigen Wechselgesang, Kabary, die Brücke schlagen zwischen den Ahnen, die in der madegassischen Glaubenswelt immer präsent sind, und der aktuellen Situation der Menschen.

Naturräume, die Stimmen der darin lebenden Tiere und die Geräusche von Wind, Regen und Feuer in den Wäldern sind also nicht unbedingt von den menschlichen Aktivitäten zu trennen. Die Besonderheit bestimmer Klangräume wird oft erst durch die Stimme erfahrbar.
Das Madagaskar Soundscape Project ist der Versuch, die Vielfalt des Inselkontinents zumindest in den Grundzügen darzustellen und hörbar zu machen. Das bedeutet eine enge Zusammenarbeit mit einheimischen Naturschützern, Wissenschaftlern und Musikern.
Das Madgaskar Soundscape Project richtet sich ebenso an ein westliches Publikum, wie an die einheimische Bevölkerung.
Die Resultate der Arbeit werden in Form von öffentlichen Veranstaltungen, Radiosendungen, Hörbüchern, und über das Internetportal von "Auditorium Mundi" einem großen Publikum zugänglich gemacht.
Die Aufnahmen bilden die Grundlage für eine Bibliothek der Klänge und der akustischen Räume des Indischen Ozeans.

Durchführung

I - Detaillierte Ausarbeitung des Projekts. Definition des institutionellen Rahmens, Kontakt mit den Partnern in Europa und in Madagaskar. Erstellung eines Arbeitsplans vor Ort mit weitgehender Festlegung der Aufnahmeorte und der Zeiträume.

II - Ein oder mehrere Teams von versierten Klangforschern arbeiten zu verschiedenen Momenten in Madagaskar und machen die Aufnahmen in Kollaboration mit madegassischen Partnern.

III - Bearbeitung des Materials im Studio, Vorbereitung der verschiedenen Veröffentlichungen und Manifestationen, Archivierung.

IV - Öffentliche Veranstaltungen in Europa und in Madagaskar.

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© auditorium mundi 2012